Verkaufsstrategien in der Imkerei

Autor Ramunas Lange war viele Jahre im größten europäischen Handelskonzern als Wirtschaftsdirektor und Manager im Bereich Placemarketing tätig und betreibt mit seiner Frau Jovita Lange eine Berufsimkerei.

Wer von uns hat nicht schon mindestens ein Buch von Ruttner, Spürgin,Tiesler, Adam, Zander oder Liebig gelesen?

So manch ein Imker kann stolz auf eine eigene kleine Imkerbibliothek verweisen, die ihn auf Schritt und Tritt in Fragen der praktischen Imkerei begleitet. Doch wie steht es um solche Autoren wie Jo Owen, Wolfgang Denz oder Claudia Thiel, die sehr erfolgreich über Marketingstrategien und Verkaufsfaktoren referiert haben? Diese Bücher werden wir sicherlich vergeblich suchen.

Sachdarstellung
Vor dem Hintergrund, dass der deutsche Konsument im Jahresmittel 1,4 kg Honig verzehrt und nur 1/4 dieses Bedarfs mit heimischer Produktion befriedigt werden kann, wird fälschlicherweise oftmals von einem Anbietermarkt gesprochen, auf dem
der Honiganbieter (Imker) die Rahmenbedingungen wie Preise, Menge und Qualität selbst und frei bestimmen kann. Jeder Imker, der sich einmal in der Direktvermarktung versucht hat, wird festgestellt haben, wie schwierig es doch ist, Honig zu einem guten Preis zu verkaufen. Unterstellen wir einmal, dass jeder Bundesbürger im Durchschnitt 100 Personen kennt (Verwandte, Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, Nachbarn), würde dies bei einer Anzahl von ca. 100.000 (Hobby) Imkern bedeuten, dass rund 10 Millionen Bundesbürger direkt oder indirekt Kontakt zum Urerzeuger Honig hält. Bedenken wir dann noch das Angebot der gut sortierten Warenhäuser und Discounter, die Honig zu Sonderpreisen anbieten, ist eine Notwendigkeit des Marketings bei jedem Imker, der ernsthaft Interesse an der erfolgreichen Direktvermarktung hegt, gegeben. Mit der zunehmenden Sättigung des Absatzmarktes und mit der Verschärfung des Wettbewerbs, insbesondere hervorgerufen durch ausländische Konkurrenten, wird es im Allgemeinen schwieriger, produzierte Güter zu verkaufen und den eigenen Markt- anteil zu sichern. Eine gute Qualität der Ware, ein angemessener Preis und eine rasche, zuverlässige Bedienung der Kunden genügen heutzutage nicht mehr, um den eigenen Verkaufserfolg zu sichern. Viele Märkte entwickeln sich vom Verkäufermarkt zum KÄUFERMARKT mit dem Ergebnis, dass das Angebot größer als die Nachfrage und somit der Kunde zum „König“ geworden ist.
Möglichkeiten des Honigverkaufs
Besonders uns Imkern fällt es bekanntlich schwer, Neuerungen anzunehmen und zu akzeptieren, wenn doch die alten Systeme „gut“ waren. Denken wir da einmal nur an die emotional geführten Gespräche über Betriebsweisen und Geräte in der Imkerei nach…
Die Imkerei – als reines Hobby betrieben – ist wohl eine der ganz wenigen Freizeitgestaltungen in unserem Lande, die Aussicht auf ein Zubrot versprechen. Würdigen wir einmal die vielen Skatspieler, Kegelvereine, Chöre und Fußballbegeisterte, denen trotz großer Akribie und Hingabe höchstwahrscheinlich die Möglichkeit verschlossen bleibt, mit ihrem Hobby etwas Geld zu verdienen oder wenigstens die eigenen Kosten zu senken. Besonders bei Hobbyimkereien bis 10 Völkern bietet sich der Honigverkauf in Großgebinden an. Dies ist sicherlich die einfachste Methode, reicht hier doch oftmals eine preiswerte Zeitungsannonce in der Fachpresse aus und erfordert keine weiteren Verkaufsanstrengungen. Zur Preisfindung ungeeignet sind hier sicherlich die Inserate von Honigimporteuren und Großimkereien, die entgegen der landläufigen Imkermeinung durch Institute geprüfte Sortenhonige verkaufen, deren kommunizierte Preise sich auf Kleinstmengen beziehen und bei größeren Gebinden beträchtliche Rabatte ermöglichen. Hier sind Imker, die für einen deutschen Blütenhonig 4,00 EUR / kg verlagen, sicherlich schlecht beraten.
Ist der richtige Verkaufspreis je Großgebinde einmal gefunden, kann der noch evtl. verbliebene Honig leicht ab Haustür veräußert werden – hier genügt oftmals ein preisgünstiges Reklameschild „Honig aus eigener Imkerei“. Direktvermarktung über Wochen- und Weihnachtsmärkte Das Konsumgut Honig unterscheidet sich gravierend von anderen Grundnahrungsmitteln allein schon durch die Tatsache, dass z. B. ein Laib Brot in wenigen Tagen verzehrt ist und der Kunde dann – war er denn zufrieden – schon bald wieder „seine“ Bäckerei aufsuchen wird, um für Nachschub zu sorgen. Der klassische Honigkunde ist mit einem Glas vielleicht drei oder gar vier Monate gut versorgt; dieses Käuferverhalten zwingt uns in der Direktvermarktung involvierten Imker dazu, über folgende Maßnahmen nachzudenken:

Die Schaffung
– einer entsprechenden Produkttiefe (Sortenhonige, Spezialitätenhonige aus verschiedenen Regionen)
– einer entsprechenden, aber umsichtig zusammengestellten Produktbreite (diverse Bienenprodukte, Kosmetik)
Durch die stärkere Differenzierung der Produkte kann eine schneller wiederkehrende Kaufhandlung hervorgerufen werden (repeat business) und latente (verborgene) Bedürfnisse verstärkt geweckt werden. Entscheidend sind hierbei vor allem drei Erkenntnisse:

1. Für den Kunden sind alle Waren, die er kauft, nur ein Mittel zum Zweck. Betrachtet man es etwas genauer, kauft er also nicht Honig, sondern den Nutzen (Mehrwert), den er ihm gewährt. Der Imker muss sich also bemühen, seine Waren mit den Augen des Kunden zu sehen und die Kaufmotive des Kunden gründlich erforschen, wenn er denn Erfolg haben will. Hilfreich ist hierbei auch einmal, sich selbst vor den eigenen Verkaufsstand zu stellen und die Optik und die Reaktion der Kunden auf sich wirken zu lassen.

2. Die Schaffung von Dienstleistungen und Erlebnissen, die der Mitanbieter (dies kann ein konkurrierender Imker oder Supermarkt mit breitem Honigangebot sein) nicht bieten kann. Wir sprechen hier von USP´s oder Unique Selling Points, die besonders in Handelsunternehmen und Hotelketten festgestellt werden können. Ein Beispiel hierfür mag eine namhafte deutsche Hotelkette im Economybereich sein, die – obwohl sie die Brötchen direkt fertiggebacken vom Bäcker geliefert bekommt jeden Morgen zur besten Frühstückszeit einige Bleche Croissants aufbackt. Der frische Backwarenduft füllt jeden Morgen die Restaurants dieser Hotels mit Gästen, die das kostenpflichtige Frühstück nur zu gerne einnehmen. Wir Imker können uns sehr gut abheben durch Dienstleistungen (wer kennt sie nicht, die „Servicewüste Deutschland“?) wie begleitendes Informationsmaterial über Produkte wieBlütenpollen, Gelle Royal, Propolis und natürlich Honig, aber auch durch die Einführung (Produktinnovation) neuer Handelsgüter. Als Beispiel seien hier genannt: Moosbeerensaft im Honig, Pergabrot (Bienenbrot), Lippenpflegestifte aus eigener Herstellung, Möbelpolitur aus Olivenöl und Bienenwachs, etc. Rezepte hierzu können kostenlos beim Autor angefordert werden.

3. Die Erlangung und Sicherung eines großen Stammkundenkreises. Der Stammkunde ist in allen Handelszweigen sehr begehrt. Versicherer zahlen große Summen, um an Adressen solventer Konsumenten zu kommen; Banken sind bereit, lukrative Zugeständnisse zu machen (kostenfreie Kontoführung bis hin zu Anfangsguthaben von 20,00 EUR), Hotels und Handelsketten werben mit Mitglieds- und Kundenkarten mit teilweise lukrativen Vorteilen. Nach Definition ist der Stammkunde treu und vergleicht die Preise nicht mehr und ignoriert Neuanbieter. Sicherlich werden Sie das auch schon erkannt haben, wenn Sie einen Samstag auf dem Wochenmarkt gefehlt haben und ein Teil Ihrer Kunden mit dem leeren Honigglas in der Hand und der Frage: „Wo waren Sie denn letztes Mal?“ vor Ihnen stand. Hierbei handelt es sich um Stammkunden – die Laufkundschaft hat Ihr Fehlen nicht bemerkt und sich woanders eingedeckt.

Der Stammkunde als Schlüsselfunktion
Die Stammkundenbindung ist für den Direktvermarkter essentiell und darf nicht unterschätzt werden. Sie entscheidet maßgeblich über Erfolg und Misserfolg. Der attraktive Ankauf von Pfandgläsern (mindestens 0,25 EUR / Glas) ist nur ein wichtiger Faktor, um Kunden zu binden und zur Wiederkehr zu bewegen. Dies mag in betriebswirtschaftlicher Betrachtung überzogen wirken, berechnet man einmal die eingebrachten Resourcen von Arbeit und Kapital (Reinigungsmittel, Wasser). Jedoch irren sich hierbei Imkereien, die nur die durchkalkulierten 0,10 EUR / Honigglas vergüten, da dieser Ankaufspreis nicht attraktiv genug ist, das Honigglas tatsächlich zu verwahren. Manche bringen diese Gläser auch einem anderen Imker, der mehr bereit ist zu vergüten und kaufen evtl. dort aus Höflichkeit ein Probeglas Honig. Nicht selten stellen sie dann fest, dass auch dieser Honig gut schmeckt, trocken und cremig gerührt ist und Sie haben einen Kunden weniger. Die klassische Rabattkarte ist ebenso eine effektive Möglichkeit, die Kundschaft an sich zu binden. Wir gewähren aktuell bei sechs gekauften Honiggläsern 250 Gramm Honig oder bei zwölf gekauften Honiggläsern 500 Gramm Honig nach freier Wahl des Kunden. Diese Maßnahme hat unseren Absatz um 32 % ansteigen lassen mit verhältnismäßig geringen Folgekosten. Die Aufnahme von gut gepflegten Markenartikeln in Ihr Sortiment garantiert darüber hinaus zufriedene (Stamm) Kunden, die gerne wiederkehren. Kein Hotel wird einen „No – Name – Whisky“ in Ihre Minibar stellen sondern auf Markenprodukte wie Johnny Walker oder Jim Beam zurückgreifen; keine Fast-food – Kette wird ein coffeinhaltiges Discountgetränk in ihre Menüzusammenstellung nehmen sondern immer auf Markenprodukte wie Coca Cola oder Pepsi Cola zurückgreifen. Dies sollten wir Imker genauso halten und nur Marken führen, die gut gepflegt (also gut beworben) sind. Die Auswahl hierfür ist leider nicht sehr groß und mag neben dem D.I.B. – Etikett in Verbindung mit dem Einheitsglas nur noch einige wenige Kosmetikprodukte umfassen. Bei gewissen unbekannten Imkereiprodukten empfiehlt sich eher die Verwendung von Eigenetiketten. Auf Dauer steigert diese Maßnahme Ihre Reputation als innovativen Imker mehr, als die geringen Kosten, die Ihr Budget dadurch zusätzlich belasten.
Eigene Handschrift ist wichtig …
Eine eigene Marke aufzubauen und zu pflegen ist mit hohen Kosten verbunden. Dies macht die Marke der Imker – das D.I.B.-Glas – für uns alle so interessant. Jedoch gibt es keinen Vorteil ohne Nachteil. Besonders bei der Belieferung von Zwischenhändlern haben einige von uns sicherlich erkannt, dass nicht immer hinter dem Imkerglas ein Imker vermutet wird. Auch Abfüllstellen haben ihre Berechtigung und lassen die Grenzen zwischen „Honig aus eigener Imkerei“ und „Honig aus deutschen Landen“, beide abgefüllt im D.I.B.-Glas, verschwimmen. Hier mag die Idee des Deutschen Imkerbundes, eine Minibroschüre zum 75jährigen Bestehens“Echter Deutscher Honig“ und mit einem Gummiband an das Honigglas angebracht, herauszubringen, eine für uns interessante Möglichkeit des sich Hervorhebens zu sein.
Nicht nur unsere Imkerei motivierte dieser Einfall zur Herausgabe einer eigenen Minibroschüre, in der ausdrücklich auf die regionale Herkunft des Honigs hingewiesen wird. Die Kosten für diese Broschüren hatten wir durch verstärkten Absatz – hier spricht man von R.O.I oder Return of Investment – innerhalb eines Jahres wieder raus. Diese Broschüre verwenden wir ausschließlich bei Honigen, die wir an Zwischen händler (Hofläden, Käsereien, kleinere Supermärkte) abgeben, gefolgt von einem Flyer (Prospekt) mit Informationen über unsere Produkte und natürlich speziell über unsere eigene Imkerei – mit Verweis auf unsere Internetseite.
Erstellung einer Konkurrenzanalyse
Wissen Sie eigentlich, wie der Honig in Ihrem benachbarten Supermarkt duftet, schmeckt und was er kostet? Kennen Sie Ihre Mitanbieter und die dort gebotenen Leistungen? Im Gegensatz zu Handelsunternehmen, die auf kostspielige Konkurrenzanalysen bis hin zur Werksspionage greifen müssen, haben Sie es als Imker hier viel leichter. Ein Gang über den Wochenmarkt, ein Honigkauf im Supermarkt, ein Blick in das Internet und Sie sind im Bilde. Diese Chance zur Markttransparenz sollten sie wahren.

Honigvermarktung als Chance
Egal welchen Weg der Vermarktung Sie wählen – sei es der Verkauf in Großgebinden, „Ab Haus Verkauf“, Direktvermarktung über Wochen / Weihnachtsmärkte, der Absatz über Zwischenhändler oder vielleicht sogar eine Mischung aus allen hier genannten Möglichkeiten – vergessen wir nie, dass die Konkurrenz nicht „schläft“. Die Präsentation der Honigwaren und unser eigenes Auftreten als Imker mit großem Fachwissen ist eine der Schlüsselfunktionen in der erfolgreichen Realisation am Markt. Die Scheu – haben wir uns einmal für den Weg der Direktvermarktung entschieden auf professionelle Tipps und Kniffe zurückzugreifen, sollten wir alle schnellstmöglich ablegen. Die Konsultation einer guten Unternehmensberatung kann in vielen Fällen stundenweise abgerechnet werden und diese Kosten sind auch für mittelständische Imkereien tragbar. Die aus einer solchen Sitzung entstandenen Ideen sind allerdings unbezahlbar! Bei der deutschen Imkerei hat schon immer eine Kausalität zwischen Arbeit und Lohn bestanden, doch die Früchte seiner Arbeit zu ernten, war noch nie so schwer wie in der heutigen Zeit. Nur durch die Hervorhebung unserer Produkte als heimisch, qualitativ hochwertig und preiswert haben wir Imker eine Chance, am Markt zu bestehen.

Download: langeverkaufsstrategien

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